Das Kamishibai in der Sprachtherapie

Eine Geschichte zur Förderung der Hörwahrnehmung

Publiziert am 25.07.2019 von Stephanie Schulte-Busch

Sprachtherapeutin und Logopädin Stephanie Schulte-Busch verwendet sogenannte Minimalpaare, um mit ihrer kleinen Klientin zu üben, einzelne Laute auditiv voneinander zu unterscheiden. Dazu erfinden sie gemeinsam eine Geschichte.

Einsatzort Logopädie und Sprachtherapie

Das Kamishibai stellt für die Sprachtherapie ein interessantes, bislang aber wenig beachtetes Medium dar. Durch seinen auffordernden Charakter animiert es auch Kinder zur Mitarbeit, die z. B. unter Konzentrationsproblemen leiden oder die wenig Interesse an der Therapie zeigen. Der schwarze Rahmen, der rote Vorhang und ein passendes Anfangs- und Abschlussritual verleihen den dargestellten Inhalten dabei das „gewisse Etwas“ und wirken sehr motivierend auf die Kinder.
Neben der Förderung der Erzählkompetenzen eignet sich das Kamishibai auch für den kreativen Einsatz in nahezu allen anderen Bereichen der Sprachtherapie, z.B. zur Wortschatzarbeit, zur Festigung grammatischer Strukturen. Im folgenden Beispiel habe ich gemeinsam mit einem vierjährigen Kind eine Geschichte zur Verbesserung der Hörwahrnehmung entwickelt.

Dem Kind fiel es unter anderem schwer, einzelne Laute auditiv voneinander zu unterscheiden. Um Kindern den Unterschied zwischen verschiedenen Lauten deutlich zu machen und um sie zum genaueren Hinhören zu animieren, verwenden Sprachtherapeuten sogenannte Minimalpaare. Das sind jeweils 2 Wörter, die sich nur in einem Laut voneinander unterscheiden. Man kann sowohl Laute nehmen, die kaum Ähnlichkeit zueinander haben (z.B. /h/ versus /m/ in Haus und Maus), oder Laute mit deutlicher Ähnlichkeit (z.B. /ss/ versus /sch/ in Tasse und Tasche).

In der folgenden Geschichte habe ich das Minimalpaar „Bäh“ und „Mäh“ verwendet. Wenn das Schaf „Bäh“ macht, mag es nicht essen; wenn es „Mäh“ macht, möchte es essen. Dadurch dass auf die beiden Wörter konträre Handlungen folgen, werden die Kinder dazu angeregt, den zwar kleinen, aber entscheidenden Unterschied zwischen den beiden Wörtern zu entdecken.

Die Geschichte wurde anfangs von der Therapeutin vorgetragen, so dass das Kind sie zunächst kennenlernen und die beiden entscheidenden Wörter „Bäh“ und „Mäh“ entdecken konnte. Als das Kind den Unterschied zwischen den Wörtern gut erfasst hatte, durfte es die Rolle des Vortragenden übernehmen und selbst entscheiden, was Lotta mag und was sie nicht lecker findet. Dies macht natürlich viel Spaß, da man dann noch ganz andere Gegenstände nehmen kann, mit denen man Lotta füttert. Ganz nebenbei übt das Kind dann das jeweils passende Wort, bäh oder mäh, zu verwenden.

Die Geschichte von Lotta finden Sie im Download am Ende des Beitrags. Sie eignet sich für Kinder im Kindergartenalter.

Sie brauchen:

  • Schaf Lotta (selbstgebastelte Flachfigur aus stabilem Karton, Wolle und einem Holzspieß)
  • Ein Kamishibai; Hintergrundbild Wiese (selbstgemalt oder wie hier aus 24 Hintergrundbilder für das Kamishibai von Eva-Maria Maywald)
  • Nahrungsmittel, z.B. aus dem Kaufmannsladen, und ein grünes Bauklötzchen (als Gras) mit Blume (oder was immer Sie an Spielzeug zur Hand haben)

Stephanie Schulte-Busch ist diplomierte Logopädin und freie Dozentin. Sie gibt u.a. Fortbildungen zur Förderung der kindlichen Erzählfähigkeit für LogopädInnen und andere Berufsgruppen.

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