Märchen in Bilder verwandeln

Kreative Umsetzungen klassischer Märchen

Publiziert am 02.05.2016 von Gabi Scherzer

© Foto: Gabi Scherzer

Märchen sind aus dem Kindergartenalltag nicht wegzudenken. Und Kinder lieben ihre Märchenstunde mit dem Kamishibai, bei der sie über vorgegebene Bilder der Märchenhandlung folgen können. Wie aber soll eine Märchenillustration aussehen, die in den Kindern eigene innere Bilder fördert? Gabi Scherzer zeigt, wie Sie mit Ihrer Kindergruppe selber Märchenillustrationen schaffen.

Märchen und innere Bilder

Es war einmal … Schon die ersten Worte entführen den Zuhörer in die magische Welt der Märchen, in denen Tiere und Dinge sprechen können, der Held/die Heldin eine große Aufgabe zu lösen hat und das Gute am Ende immer siegt. Erzählungen, die Hoffnung machen und Lebenssinn vermitteln. Das macht Märchen bis heute so beliebt. Aber wodurch entsteht dieser Märchenzauber? Märchen haben einen direkten Zugang zur geistigen Welt des Unterbewusstseins und erreichen jeden Zuhörer in seiner seelisch emotionalen Existenz. Dies ist auch der Ort der inneren Bilder. Weil die Märchensprache sehr formelhaft ist und die Beschreibung von Ort und Zeit allgemein und unbestimmt, lässt sie dem großen und kleinen Hörer viel Raum für eigene Vorstellungen und ganz persönliche, entwicklungsgemäße Bilder. Die „einfache“ verbale Darstellung nimmt jeden auf der geistigen Ebene direkt mit seinen persönlichen Kampf gegen das Böse und lässt teilhaben am großen Siegesglück des Guten.

Märchen und äußere Bilder

Dieser persönliche Zauber von Märchen gerät in Gefahr, wenn Märchen nicht nur erzählt, sondern mit vermeintlich perfekten, womöglich noch klischeebeladenen Bildern präsentiert werden. Wie also sollen Märchenbilder idealerweise aussehen? Am besten liefern Märchenbilder – wie auch die Märchensprache selbst – nur den Rahmen, transportieren die Grundemotion der Handlung oder machen ein Detail sichtbar. Wie ein Köder sollen sie als Unterstützung oder als Ergänzung neben dem gesprochenen Wort durch Farbe/Material und (abstrakter/konkreter) Form persönliche Bilder im Betrachter anlocken und seine Fantasie beflügeln. Dies ist zwar eine künstlerische Herausforderung, die aber im Endprodukt ganz klar eine pädagogische Bereicherung darstellt, um die unterschiedlichen Wahrnehmungstypen im Publikum zu erreichen. Am besten macht man solche Bilder selbst.

Märchenbilder selbst gestalten

Märchenbilder selbst zu gestalten stellt eine doppelte Chance dar: Sie machen Eindruck auf andere und sind zugleich Ausdruck der Berührung mit der eigenen inneren Kraftquelle. Was liegt also mehr auf der Hand als mit den Kindern Bilder zu gestalten, mit denen man dann das Märchen z.B. mit dem Kamishibai nacherzählen kann. Weil das Endprodukt in diesem Falle wieder der Präsentation dienen soll, gilt wie beim Märchenerzählen auch hier der Leitsatz: So wenig wie möglich, aber so viel als nötig sichtbar zu machen.

Farbe und Material wecken Gefühle und Bilder

Aus der Farbpsychologie wissen wir, dass Farben Gefühle wecken. Nachdem es in den Märchen immer um stereotype, klassische Emotionen geht, kann man diese leicht in Farben und Farbspuren umsetzen. Die einfachste und radikalste Art der Darstellung ist hier das abstrakte Bild, das durch seine differenzierte Farb-/Materialwahl und Struktur/Technik eine deutliche Botschaft enthält bzw. ein Gefühl weckt, aber dem Betrachter ganz individuell die Handlungsdetails überlässt. Hierfür eignen sich unterschiedliche Techniken, z.B. das Arbeiten mit pastosen Farben, in die man hineinkratzen und -ritzen kann, bzw. überhaupt Spachtelbilder. Diese von den Kindern gestalteten Farbkarten können dann auch für andere Erzählungen als Spiel-hinter-grund zur Verfügung stehen. (Weitere einfache farbige Techniken, die sich zur Märchenillustration eignen finden sie in 5 Minuten Kreativität im Kindergarten).

Hintergrund und Vordergrund

Nimmt man die eben beschriebene Technik nur als Hintergrund, gilt für folgende Gestaltung des Vordergrundes genauso: Je einfacher die konkrete Darstellung, umso größer die Wirkung und die Wahrscheinlichkeit, dass die Bilder im Geist der Zuschauer individuell werden. Für eine konkrete Kinderzeichnung auf so einem abstrakten Hintergrund eignet sich Kreide, Kohle oder dicke Marker. Wichtig ist ein weiches, expressives Material, das auch über leichte Unebenheiten des Hintergrundes „läuft“ und ausdrucksstarkes, eher grobliniges Arbeiten zulässt. Statt einer Zeichnung wäre auch eine einfache Collage denkbar. Ein Praxisbeispiel zum Nachmachen finden Sie hier.

Weitere Gestaltungs-Tipps

Gabi Scherzer

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