Praxisbericht: Jonah, Pusterüssel und die große Traurigkeit

Erfahrungen und Tipps zum Einsatz der Bilderbuchgeschichte in der Grundschule

Publiziert am 12.09.2024 von Jelena Schmidt

Illustration: Marle Schmidt © Don Bosco Medien 2024

Traurigkeit, Niedergeschlagenheit, Ängste, Stress – Bereits Kinder im Grundschulalter sind immer häufiger davon betroffen. Sie ziehen sich in schwierigen Lebenssituationen zurück oder erstarren. Wie können wir Kinder für diese unangenehmen Gefühlslagen und den Umgang damit sensibilisieren? Und geht das auch in einer größeren Gruppe? Die Pädagogin Jelena Schmidt hat das Kamishibai-Set „Jonah, Pusterüssel und die große Traurigkeit“ in ihrer Klasse getestet.

Ein Elefant bringt Farbe ins Grau

Die Bilderbuchgeschichte Jonah, Pusterüssel und die große Traurigkeit erzählt vom Mädchen Jonah. Jonah steckt im Matsch fest, sie kann sich weder bewegen noch befreien. Alles um sie herum ist grau und trist, bis ein Elefant ihr Farbtropfen und warmen Wind zupustet. Mit Pusterüssels Hilfe gelingt es Jonah, die Fesseln zu lösen und der Traurigkeit zu entkommen.

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Warum eine Geschichte zum Thema Traurigkeit?

Aufgrund meiner praktischen Tätigkeit und meiner Erfahrung als Sonderpädagogin in einer Grundschule konnte ich feststellen, dass es immer wieder Kinder gibt, die traurig und in sich zurückgezogen sind. Ich war allerdings skeptisch, ob man dies für alle Kinder zum Thema machen sollte.

In meiner zweiten Klasse hatte ich die Gelegenheit, das Bildkartenset Jonah, Pusterüssel und die große Traurigkeit vorzustellen. Die Geschichte passte gut zum Themenbereich „Miteinander leben“ (Lehrplan Evangelische Religionslehre, NRW) und zur darunter genannten Kompetenz, dass die Schüler:innen sich selbst annehmen und als angenommen erfahren sowie anderen gegenüber Verständnis entwickeln.

Reaktionen der Kinder

Erste spontane Äußerungen

Zunächst las ich den Kindern die Geschichte vor und zeigte ihnen die Bildkarten im Erzähltheater. Ich ließ die Bildkarten immer einige Momente unkommentiert auf meine Schüler:innen wirken. Da wir im Unterricht sehr viel mit Bildern und Geschichten arbeiten, kamen sofort einige spontane Äußerungen: „Oh, die sieht aber traurig aus“ oder „Das ist aber dunkel, das Bild“. Die Kinder entdeckten aber auch direkt, dass sich nach und nach einzelne bunte Merkmale in die Bilder schlichen.

Transfer in die eigene Lebenswirklichkeit

Zu jedem Bild kamen Erinnerungen oder andere Eindrücke. So konnten die Schüler:innen direkt einen Bezug zu ihrer Lebenswirklichkeit herstellen. Als besonders lustig empfanden die Kinder die Affen. Wir überlegten, was wohl mit Jonah passierte, als sie die Affen beobachtete. Die Kinder waren sich schnell einig: Die Affen munterten Jonah auf! Durch ihre Lebendigkeit und ihren Witz entlockten sie Jonah ein Lächeln.

Individuelle Wahrnehmungen

Einen weiteren Schwerpunkt bildete das Eichhörnchen mit den Orangenduft: Den Kindern fielen sofort Gerüche ein, die ihnen ein schönes Gefühl geben oder die sie mit etwas Schönem verbinden, und andere, vor denen sie sich ekeln oder die sie mit unangenehmen Erinnerungen verknüpfen. Bereichernd war, dass die Kinder spürten, dass auch Gerüche individuell und deshalb auch unterschiedlich wahrgenommen werden. Ähnlich ging es mit den anderen Bildkarten weiter. Jedes Bild erzeugte neue Empfindungen.

Botschaft: Alle Gefühle dürfen sein!

Alle Gefühle haben ihre Daseinsberechtigung, traurige wie gute, beängstigende wie schöne! Das ist für mich die Botschaft der Geschichte. Traurige Gefühle müssen nicht versteckt oder gar weggeschoben werden, sondern sie dürfen da sein. Dennoch gibt es, wenn man ganz genau hinsieht, Momente der Freude, des Glückes …

Wirkung der Geschichte auf die Kinder

Zunächst äußerten einige Kinder Unmut über den Anfang der Geschichte. „Warum ist Jonah so traurig? Das macht auch mich traurig!“ Im weiteren Verlauf änderte sich dies. Die Kinder merkten, wie schön es ist, Mitschüler:innen etwas Tolles zu zeigen, ihnen ein ermunterndes Wort zu schenken, ihnen einen Gefallen zu tun. Besonders beim Bearbeiten der dem Bildkartenset beiliegenden Arbeitsblätter konnten die Kinder dies zum Ausdruck bringen.

  

Empathie vermitteln

Ich bin froh, diese Geschichte mit meiner Klasse angesehen und bearbeitet zu haben. Das Hineinversetzen in andere Menschen, in deren Gefühle und Empfindungen, also die Übernahme von Empathie, ist überaus wichtig und selten Teil des Lehrplans. Ich kann nur jede/jeden ermutigen, diese Geschichte mit den Kindern zu lesen, die Bilder anzusehen und in einen gleichberechtigten Austausch zu gehen! Eine genaue Erarbeitung ist für das 3. Schuljahr zu empfehlen.

Jelena Schmidt hat Grundschullehramt sowie Sonderpädagogik an der Universität Bielefeld studiert. Seit zehn Jahren arbeitet sie an einer Bielefelder Grundschule mit Kindern mit und ohne Förderbedarf. Soziale Themen liegen ihr besonders am Herzen. Zur Erarbeitung solcher Themen nutzt sie häufig Bilderbücher und Geschichten.

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