Wann sollen Fachkräfte eingreifen?
"Du bist nicht mehr mein Freund!", "Du darfst nicht mitspielen!" – Solche und ähnliche Sätze äußern Kinder häufig in Streitsituationen. Wann sollen Fachkräfte eingreifen und schlichten? Wenn "Streiten und Versöhnen" mit Kindern präventiv besprochen wird, finden sie bei Konflikten oft selbst eine Lösung.
Äußerungen wie "Du bist nicht mehr mein Freund!", "Du darfst nicht mitspielen" oder "Du darfst nicht zu meinem Geburtstag kommen" signalisieren dem Gegenüber erst einmal " STOPP! Bis hierher und nicht weiter!". Die Ablehnung kann jedoch auch ein Hilferuf sein, in dem Sinne, dass Kinder hier in ihrem Konflikt nicht weiterkommen und die Hilfe von uns Fachkräften benötigen.
Unsere Aufgabe ist es daher, diese Sätze zu "übersetzen", d. h. herauszufinden, worum es eigentlich geht und sie in das umzuwandeln, was die Kinder eigentlich aussagen wollen. Dazu benötigen wir eine gute Beobachtungsgabe und viel Einfühlungsvermögen. Je mehr wir den Kindern dabei helfen, umso kompetenter werden sie darin, ihre Streitigkeiten mit der Zeit auch alleine zu lösen.
In der vergangenen Woche habe ich ein Paradebeispiel dazu beobachtet:
Mehrere Kinder hatten sich "ein Haus" gebaut und dort "Vater, Mutter, Kind" gespielt. Ein Junge hatte dies beobachtet und dann angefangen, die Wand des Hauses einzudrücken und die Kinder zu schubsen. Die Kinder aus der Gruppe hatten sich sehr über den Jungen und sein Verhalten geärgert und ihm immer wieder gesagt, er solle damit aufhören.
Die Erzieherin beobachtete das Geschehen. Sie ging auf den Jungen zu und fragte ihn, ob er denn bei den anderen Kindern mitspielen wolle. Er nickte und sagte: "Ja, aber die lassen mich nicht." Die Erzieherin beschrieb dem Jungen sein Verhalten und erklärte ihm, warum die anderen Kinder so reagiert hätten. Sie gab ihm den Rat, ein Kind aus der Gruppe einfach direkt anzusprechen und zu fragen, ob er mitspielen dürfe. Dies tat der Junge. Doch ein Kind aus der Gruppe stellte sich quer und begründete seine Entscheidung damit, dass der Junge vorher zu viel Ärger gemacht habe. Die Erzieherin blieb in der Situation und erklärte nun dem Kind aus der Gruppe, dass dies die Art des Jungen sei zu sagen, dass er mitspielen wolle. Durch die "Übersetzung" der Erzieherin verstand das Kind aus der Gruppe das Anliegen des Jungen und ließ ihn von nun an mitspielen.
Wir Fachkräfte sollten bei jedem Streit abwägen, ob die Kinder es schaffen, den Konflikt allein zu lösen oder ob sie unsere Hilfe und Vermittlung benötigen.
Lohnenswert ist es, das Thema "Streiten und Versöhnen" präventiv zu behandeln. So können die beiden Geschichten "So war das! Nein so! Nein so!" und "Wieder beste Freunde" im Morgenkreis mit dem Kamishibai vorgestellt und besprochen oder aber auch mit Plüschtieren nachgespielt werden.
Dabei müssen die Geschichten nicht unbedingt so erzählt werden, wie sie beschrieben sind. Ihr könnt darüber hinaus auch schon während der Geschichte gemeinsam mit den Kindern überlegen, wie beispielsweise eine gute Lösung für den jeweiligen Streit aussehen könnte. Im Anschluss könnte noch eine Erfahrungsrunde mit folgenden Fragen stattfinden:
"Wart ihr schon einmal in so einer Situation? Wie ging es euch dabei?"
Mit solchen und ähnlichen Fragen lernen die Kinder Empathie und erfahren, dass sie mit ihren Gefühlen nicht alleine sind. Und das ist schließlich das Handwerkszeug für eine gute Streitschlichtung.
Saskia Valentina Barriga ist Erzieherin, Sozialpädagogin, Bildungs- und Sozialmanagerin. Sie betreibt mit viel Engagement, Kreativität und Herz den Instagram-Kanal @_zukunftsgestalterin_.
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