Der Kreuzweg mit Erstkommunionkindern

Praxiserfahrung einer Gemeindeassistentin

Publiziert am 12.03.2020 von Anja Schmidt

Der Kreuzweg Jesu kann für Kinder bedrückend und traurig wirken. Deswegen sollte er aber nicht verharmlost werden. Kinder haben das Recht, Erfahrungen wie Angst, Schmerzen, Verlassen- und Traurigsein und Sterben zu machen. Anders als beim traditionellen Kreuzweg in vielen Kirchen gibt es Wege, kindgerecht das Leiden und Sterben Jesu zu vermitteln.

Keine Angst vor dem Kinderkreuzweg!

Die Bildkarten des Kamishibai zum Kreuzweg für Kinder sind liebevoll gestaltet und geben Kindern die Möglichkeit, die Leidensgeschichte Jesu und seine Auferstehung in 15 Bildern in ihrer Lebenswelt zu erfahren.

In meiner Tätigkeit als Gemeindeassistentin bin ich sowohl in einer Grundschule als auch in einer Gemeinde tätig. Das Erzähltheater Kamishibai gibt mir die Möglichkeit, auf der Erzähl- und Erfahrungsebene meiner Schüler und der Kinder meiner Gemeinde theologische Inhalte zu vermitteln und erlebbar zu machen. Dabei schränkt es nicht ein und gibt mir alle Möglichkeiten, mich auszuprobieren.

Auch schon die jüngeren Kinder sollen von Jesu Tod und Auferstehung in ihrer Sprache und Bildwelt erfahren, es ist der Grund unseres Glaubens. Dabei habe ich verschiedene Ideen entwickelt, die die Geschichte mit Hilfe des Kamishibai für jede Altersstufe ansprechend erzählen. Ich habe die Erfahrung gemacht, das Kinder selber mitmachen wollen und auch ihre Ideen einbringen möchten.

Erstkommunionkinder

Mit meinen Erstkommunionkindern habe ich den Kreuzweg im Freien in einem Wald gestaltet.

  • Dabei habe ich die verschiedenen Bildkarten an den Bäumen verteilt. Aufgabe für die Kinder war es zunächst, die im Vorfeld erzählte Geschichte zu reflektieren und anhand der Bildkarten die richtige Reihenfolge zu bestimmen.
  • In einem zweiten Schritt sollten die Kinder anhand von Smilies ihre Gefühle ausdrücken, die sie empfinden, wenn sie die Geschichte ablaufen. Jedes Kind hatte dazu eine Auswahl an Smilies von mir erhalten und konnte nun jedes Bild noch einmal für sich anschauen und Bilder, die es besonders beeindruckend fand anhand der Smilies bewerten. Es ging dabei nicht darum, jedem Bild ein Gefühl zuzuordnen. Vielmehr auch eine Person oder Situation zu finden, die ihnen in Erinnerung geblieben ist.
  • Als Abschluss des Kreuzweges sollten die Kinder sich an das Bild stellen, welches ihnen besonders gefällt. Auf der Rückseite der Karten hatte ich Vorfeld Fragekarten geklebt. In den kleinen Gruppen, die sich vor den Bildern gefunden hatten, wurden die Fragen laut vorgelesen und besprochen. Auf einem extra Blatt notierten die Kinder ihre Gedanken, so dass sie dann in der Großgruppe allen vorgestellt werden konnten.

Alles in allem sollte man sich dafür mindestens zwei Stunden Zeit nehmen. Die Kinder haben viele Fragen und viele gute Ideen. Sie nehmen sich viel Zeit für das Betrachten der einzelnen Bildkarten.

Mit dem Kreuzweg als Andachtsform werden vielfältige Kompetenzen gefördert, u.a. die eigene Person mit ihren Fähigkeiten und Grenzen erfahren und beschreiben, Fragen nach sich und den anderen, nach Freud und Leid, nach Gut und Böse und nach dem Sinn des Lebens stellen, aber auch einander zuhören und im Gespräch aufeinander eingehen und die Perspektive eines anderen einnehmen und Einfühlungsvermögen zeigen. Ich kann mir gut vorstellen, dass sie Form des Kreuzweges auch gut als Stationenarbeit für die Grundschule geeignet ist.

Im Religionsunterricht

In der Schule möchte ich noch eine andere Idee umsetzen, die sehr gut für große Klassen mit älteren Kindern geeignet ist. Mein Ziel hier ist, dass die Schüler und Schülerinnen den Kreuzweg nicht nur nachgehen, sondern ihn mitfühlen und ihn mittragen.

  • Dazu habe ich aus den 15 Bildkarten die Stationen 1, 2, 4, 5, 6, 8, 10, 12 und 15 ausgewählt. Jede Schülerin und jeder Schüler soll nun in Partnerarbeit und anhand einer von mir vergebenen Bildkarte einen Dialog (bzw. Monolog) der abgebildeten Personen entwickeln. Den Schülerinnen und Schülern sind durch die vorangegangene Unterrichtssequenz die Stationen und Personen des Kreuzweges bekannt. In den Dialogen können ihre eigenen Gefühle genauso zum Ausdruck kommen, wie auch die Vermutungen, die sie anstellen in der Interpretation des Bildes.
  • Die Auswertung der Partnerarbeit erfolgt über eine Kreuzwegandacht. Dazu werden die einzelnen Karten im Klassenraum verteilt und nacheinander werden die Stationen betrachtet und die Dialoge wertungsfrei gehört. Zum Abschluss der Andacht beten wir gemeinsam.

 

Ich habe gute Erfahrungen mit den Kamishibai-Bildkarten auch bei älteren Kindern z.B. einer 5. Klasse gemacht. Die Bilder sind für sie noch genauso ansprechend, auch wenn die Altersempfehlung bei 3 - 8 Jahren liegt. Es gilt dabei nur zu beachten, dass Text und Arbeitsaufträge entsprechend altersgerecht angepasst sind. Ich liebe die Arbeit mit den Kamishibai Bildkarten und setze sie auch schon mal in der Seniorenarbeit ein. Ich probiere mich gern aus und wenn ich eine Idee umsetze, fällt mir meist schon etwas neues ein.

Jede Gruppe ist anders und unser Glaube ist so bunt wie die Bildkarten , so dass wir in unserer Arbeit eine Vielzahl an Möglichkeiten haben, die wir nutzen und teilen sollten.

Anja Schmidt ist Gemeindeassistentin im Erzbistum Berlin. Ihr findet sie auf Instagram unter @tanjostrine.

Ähnliche Beiträge

09.05.2019

Happy Birthday! - Pfingsten und die Kirche

Pfingsten, das dritte Hauptfest im Kirchenjahr, im Religionsunterricht für Jahrgangsstufe 3/4 verständlich und kompakt vermittelt: mit den Bildkarten von Rainer Oberthür. Mit Geist-reichem Stundenbild und Arbeitsblatt von Catharina Fastenmeier.

Zum Beitrag
06.07.2017

„Als Religionslehrerin bist du Geschichtenerzählerin“

"Ich arbeite gerne mit dem Kamishibai, weil es mir den Unterricht erleichtert und ihm eine neue erfrischende Struktur verschafft." Die Lehrkraft für Grundschule Katarina Ammen aus Bardowick setzt das Kamishibai gerne im Religionsunterricht ein. Hier erzählt sie, was für sie die größten Vorteile sind und wie sie es anwendet.

Zum Beitrag
10.05.2021

Wir gehen raus! Jesus auf der Spur

Religionspädagogik in der Natur! Der "Herrgottsweg" im Kirchenwald bei Eggstätt am Chiemsee ist ein wunderbares Ausflugsziel für Groß und Klein. Am Weg entlang befinden sich 24 Tafeln mit den beliebten Kinderbibelbildern von Petra Lefin, die dazu einladen, das Leben Jesu zu erkunden.

Zum Beitrag

Bleiben Sie in Kontakt

Newsletter abonnieren